Erschienen am Dienstag, 10. September 2013
Anlass: Interview im Vorfeld der Metropolis-Aufführung
Heute startet IG-Kultur-Filmwoche in Sindelfingen - Interview mit Antonio Bras, der am Samstag seine "Metropolis"-Vertonung präsentiert
Zum Stadtjubiläum erweckt die IG Kultur von heute bis Samstag das alte Sindelfinger Kino zum Leben: Vier Abende sind Roland Emmerich gewidmet, dem aus Sindelfingen stammenden Hollywood-Regisseur. Zum Abschluss läuft der Stummfilm-Klassiker "Metropolis", speziell vertont von dem Sindelfinger Medienkünstler Antonio Bras.
Von Robert Krülle
Herr Bras, Sie beschäftigen sich seit 15 Jahren mit der Vertonung von "Metropolis". Warum? Wie kam dieses Projekt zustande?
Als Science-Fiction-Fan hat mich der Film schon immer fasziniert. In Anlehnung an die kontrastreichen Szenerien hatte ich ursprünglich an eine reine Musikproduktion gedacht. Dabei sollten viele Samples zahlreicher Musikkünstler einfließen. 1997 gab es bereits einige Musikstücke. Mitten in diesem Prozess fand ich aber heraus, dass die Musik zum laufenden Film einfach viel besser passt. So entstand die Idee, den Film live zu vertonen. Mit meinem Stilmix aus elektronischen und samplebasierten Instrumenten stelle ich nicht nur den Film in einen anderen Kontext, sondern will ihn auch in die heutige Zeit transportieren. So wird Altes neu erlebbar, und so lässt sich auch ein zusätzliches Publikum erreichen.
Sowohl Sie als auch die IG Kultur haben sich sehr bemüht, dass diese Filmwoche im alten Sindelfinger Kino, dem "Neuen Central", stattfindet. Warum?
Erst einmal ist das der Ort, an dem Roland Emmerich seine ersten beiden Filme "Das Arche Noah Prinzip" und "Joey" in den 80er Jahren uraufgeführt hat. Bei der Uraufführung vom "Arche Noah Prinzip" war ich sogar dabei. Außerdem war hier ja direkt nach dem Ende der Kinozeit von 1999 bis 2003 das Kulturzentrum Movida untergebracht - verantwortet von einem Verein, dessen Vorsitzender ich war. In dieser Zeit hatte ich zum ersten Mal die Idee, "Metropolis" in einem größeren Rahmen zu zeigen. Und meine erste "Metropolis"-Aufführung war dann eben im Movida.
Dann ist es wohl für Sie etwas ganz Besonderes, "Metropolis" dort wieder zu zeigen?
Natürlich, ich freue mich sehr auf die Aufführung im alten Kino, hier konnte ich zum ersten Mal mein Projekt einem größeren Publikum präsentieren. Und natürlich ist es für mich sowieso etwas Besonderes, den Film in meiner Heimatstadt Sindelfingen zu zeigen. Zudem denken viele Leute, der Raum sei schon abgerissen. So haben sie Gelegenheit, da mal wieder hinzugehen.
Was zeichnet das "Neue Central" denn aus?
Der Ort ist einfach gut, weil er zentral liegt. Außerdem scheint er eine gewisse Magie zu haben. Die Leute erinnern sich sehr gerne ans Kino und an die Movida-Zeit, das habe ich auf der Straße beim Werbungmachen für die Kinowoche oft gehört. Mich haben da zum Teil Familien mit drei Generationen darauf angesprochen, die jeweils etwas vom alten Kino zu erzählen hatten.
Bei Ihnen scheint die Movida-Zeit noch sehr präsent zu sein.
Nun ja, ich erinnere mich sehr gerne daran, für mich ist dieser Raum ganz fest mit Movida verknüpft. Ich erinnere mich aber auch an die unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit. Irgendwann erreicht man da einen Punkt, an dem vieles nicht mehr leistbar ist. Das Projekt konnte aus diversen Gründen leider nicht fortgeführt werden, unter anderem weil die Stadt die damals in Aussicht gestellte Förderung wegen erheblicher Steuerausfälle nicht mehr leisten konnte.
Obwohl offensiv um ihn geworben wurde, kommt Roland Emmerich nicht zur Filmwoche in seine alte Heimatstadt. Wie finden Sie das?
Es ist natürlich sehr schade, dass er nicht kommt. Wie auch immer er zu seiner Heimat steht oder ob es gar mal Differenzen gab - man könnte ja jetzt sagen: Schwamm drüber. Damals bei Movida hatten wir ihn auch kontaktiert und gefragt, ob er das Projekt unterstützt - aber es kam leider nie etwas zustande.
Gehen wir davon aus, die Projektwoche im alten Kino wird ein Erfolg. Kommen die ehrenamtlichen Veranstalter da nicht stark unter Druck, so etwas häufiger zu machen?
Klar, das kann durchaus passieren. Unter den kulturinteressierten Leuten in Sindelfingen gibt es viele, die sich nach so einem ganz speziellen Kulturzentrum sehnen. Wenn die entsprechende Infrastruktur und das Personal nicht vorhanden sind, kann das allerdings viel Kraft kosten - alle Organisatoren sind erfahren genug, das zu wissen.
Seit 2010 gibt es ja eine neue "Metropolis"-Fassung. Wird am Samstag diese neue Version gezeigt?
Natürlich. Als der Fund des zusätzlichen Materials publik wurde, begann ich sofort an der erweiterten musikalischen Fassung zu arbeiten. Viele Veranstalter wollten mich dann sehr schnell buchen, die Filmrechte-Situation war allerdings überaus schwierig, und deshalb mussten fast alle angefragten Engagements abgesagt werden [siehe "Hintergrund", Anm. der Red.] Zum Glück hat sich die Lage in dieser Hinsicht entspannt.
Sie sind ja auch anderweitig künstlerisch tätig. Was machen Sie noch?
Hauptberuflich bin ich selbstständiger Media-Designer, in diesem Feld ist man aber nahezu automatisch auch künstlerisch aktiv. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren intensiv mit dem Fotokunst-Projekt "Ponte". Hier wird die Brücke "Ponte 25. De Abril" in Lissabon in der Überlagerung von 200 bis 400 Fotografien auf ganz besondere Weise dargestellt. Derzeit bin ich damit in einer Gemeinschaftsausstellung in Stuttgart vertreten. Außerdem gibt es ein neues Band-Musikprojekt von mir. Aber das braucht noch ein bisschen Zeit.