Erschienen am Mittwoch, 25. März 2015
Anlass: Dauner//Dauner - Vorab-Interview
Interview mit dem Jazz-Pianisten Wolfgang Dauner, der am Sonntag in Sindelfingen sein aktuelles Familienprojekt präsentiert
Im Rahmen der IG-Kultur-Jazztage tritt der Stuttgarter Pianist Wolfgang Dauner am Sonntagabend im Odeon der Sindelfinger Musikschule auf. Als Duo-Partner ist sein Schlagzeugspielender Sohn Florian (44) dabei, der unter anderem auch für die Fantastischen Vier trommelt.
VON MICHAEL STÜRM
SINDELFINGEN. Wolfgang Dauner zählt zu den interessantesten und vielseitigsten Musikern der deutschen Jazzszene und hat es als einer der wenigen geschafft, improvisierte Musik aus Deutschland in die Welt hinauszutragen. Auch wenn man mit dem Wort Legende sparsam umgehen sollte - bei Wolfgang Dauner trifft es zu.
Am Sonntag steht das vielbeachtete Album Dauner//Dauner auf dem Programm, das Vater und Sohn 2013 zusammen eingespielt haben. Im KRZ-Interview erzählt Wolfgang Dauner über das Familienprojekt.
Der Vater macht gemeinsame Sache mit dem Sohn. So oft passiert das im Jazz nicht. Wessen Idee war das?
Einer Idee dazu bedurfte es nicht, da Florian und ich seit ewiger Zeit gemeinsam spielen. Er war immer dabei, wenn ich Musik gemacht habe, schon zu Zeiten des United Jazz- und Rockensembles in den 1970er Jahren. Als er damals unseren Drummer Jon Hiseman zum ersten Mal trommeln sah, war das Pianospiel, das ich ihm beigebracht habe, nicht mehr interessant. Seither ist er Schlagzeuger. Über eine gemeinsame Platte reden wir schon seit 20 Jahren. Florian ist als Drummer für die Fanta 4 jedoch ständig unterwegs, deshalb war das immer schwierig, einen Zeitpunkt dafür zu finden.
Hier der altgediente Jazzer, dort der Schlagzeuger, der überwiegend in der Popmusik beheimatet ist. Zwei Künstler aus derselben Familie und aus zwei Generationen: Bietet das nicht Anlass für den einen oder anderen Konflikt?
Nein, diese Konflikte gibt es glücklicherweise nicht. Ich spiele mit Florian, weil er ein außergewöhnlicher Drummer ist mit einer sehr schnellen Auffassungsgabe. Dass er mein Sohn ist, macht mich dabei sehr stolz. Hinzu kommt, dass wir beide, was die Musik betrifft, sehr neugierige und offene Menschen sind. Deshalb begegnen wir uns auch mit dem notwendigen Respekt für die musikalischen Prägungen des anderen.
Ihr Sohn trommelt für die Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier, ist Schlagzeuger für "The Voice of Germany" und die Pop-Sängerin Sarah Brightman. Was halten Sie von dieser Musik?
Generell spielt man die Musik, die man mag. Aber als Musiker gilt es auch, damit sein Brot zu verdienen. Wichtig ist für mich, dass dieses Jobs ein gewisses Niveau haben und sich keiner dabei verbiegen muss. Dann habe ich kein Problem damit. Außerdem gibt es viel gute Musik in sämtlichen Genres. Es muss nicht immer Jazz sein. Was die Hip-Hopper machen, hat mich schon immer interessiert. Da gibt es sehr beeindruckende Sachen.
Gibt es gegenseitige Inspirationen?
Natürlich. Wir sind in ständiger Diskussion über die Musik, die wir machen. Wir reflektieren gemeinsam und thematisieren auch Unzulänglichkeiten.
Spiegeln die elektronischen, soundgeprägten Nummern des gemeinsamen Albums den Einfluss Ihres Sohnes wider?
Ja. Er hat mich zur Rückkehr zu den Synthesizern überredet. Vor einigen Jahren bin ich aus der Elektronik ausgestiegen, weil die vielen Knöpfe und Sounds die Konzentration beim Live-Spiel stören. Ich habe meine Musik lieber auf dem Flügel gemacht. Da kann ich mich austoben. Aber mit Florian habe ich nun einen großen Helfer in elektronischer Musik gefunden. Der kennt sich da sehr gut aus.
Die Dauner//Dauner-Scheibe ist auch ein Blick auf viele Jahre Wolfgang Dauner. Was erwartet die Besucher im Konzert?
Im Zentrum steht natürlich die CD, die wir zusammen gemacht haben. Aber unser Repertoire geht darüber hinaus und wir reagieren spontan auf das Publikum. Je nach Stimmung spielen wir dann auch den einen oder anderen Jazz-Standard. Obwohl diese Songs schon tausendfach improvisiert worden sind, spiele ich sie sehr gerne.
Für die ausgewiesene Jazz-Fans sind die virtuosen Trio-Nummern auf der neuen Scheibe die Highlights. Funktionieren die im Konzert auch ohne das strukturierende Element eines Kontrabasses?
Ja. Wir spielen diese Stücke trotzdem. Klar, die Hörgewohnheiten bei einem Piano-Trio erfordern den Bass. Aber wir haben einen Weg gefunden, wie das auch zu zweit funktioniert. Lassen Sie sich überraschen.
Bleibt Dauner//Dauner eine einmalige Sache oder ist dies der Beginn einer länger angelegten Familienkooperation?
Nein, das soll keine einmalige Sache sein. Die nächste CD ist bereits in Arbeit, wir unterhalten uns auf Tour immer wieder darüber. Bis diese herauskommt, dauert es jedoch noch eine Weile. Es soll kein Schnellschuss werden, schließlich gibt es viel zu viele unnötige CDs, die den Markt verstopfen, weil heute jeder mit geringen Mitteln, einen Tonträger produzieren kann. Da möchten wir uns nicht einsortieren.
Sie werden im Dezember 80 Jahre alt und zählen noch immer zu den Aktivposten in der Szene. Wie hält man sich fit, um die Herausforderungen des Musiker-Daseins weiterhin zu bewältigen?
Ganz einfach: Musik machen und in Bewegung bleiben. Musik ist für mich geistige Inspiration und sorgt dafür, dass es mir nie langweilig wird. Die notwendige Bewegung verschaffe ich mir durch regelmäßiges Walking.
Zum Geburtstag darf man sich was wünschen. Wie sieht die Traumformation des Wolfgang Dauner aus, mit der er gerne mal auf die Bühne ginge?
Das ist eine ganz schwierige Frage. Die, die ich gerne auf der Bühne hätte, haben uns alle schon verlassen, wie zum Beispiel der Saxofonist John Coltrane. Dessen musikalische Konzeption habe ich aufgesogen, mit dem hätte ich gerne einmal gespielt. Mit Coltranes Drummer Elvin Jones, einem weiteren Wunschpartner, habe ich immerhin zwei LPs aufgenommen, das war 1978 für zwei Platten meines langjährigen Freundes und Kollegen Albert Mangelsdorff. Eine tolle Erfahrung!
CD: Dauner//Dauner: connector records