Gänsehaut-Momente

SZ / BZ

Erschienen am Samstag, 9. April 2016

Anlass: Konzert Coppelius 01.04.2016

Sindelfingen: Die Band „Coppelius“ im Pavillon

Gänsehaut-Momente

Von unserem Mitarbeiter Matthias Staber

Dass Heavy-Metal mit Cello und Klarinette ebenso gut funktioniert wie mit der E-Gitarre, haben „Coppelius“ bei ihrem Gastspiel im Pavillon der Sindelfinger Interessengemeinschaft (IG) Kultur wieder einmal unter Beweis gestellt. Mit über 150 Zuschauern und den Vorbands „Tales of Nebelheym“ und „We are Rinah“ feierten die sechs Musiker aus Berlin eine Party, die sich zwischen Steampunk-Cosplay und Metal-Konzert der besonderen Art bewegte.

„Da capo“: Was ein echter „Coppelius“-Fan ist, kleidet sich nicht nur angemessen mit Zylinder und gesteiftem Kragen oder Schnür-Mieder samt Rüschen, sondern verkneift sich auch allzu profane Rufe nach einer Zugabe. Stattdessen wird formschön einander gesiezt und einer Retro-Ästhetik gehuldigt, die einem fiktiven 19. Jahrhundert huldigt, sich an Anspielungen auf E.T.A. Hoffmann erfreut und das Ergebnis mit der Kraft und Energie der Heavy-Metal-Szene kurzschließt.

„Running free“: Wenn „Coppelius“ „Iron Maiden“ covern, zeigt sich, wie ausgezeichnet dieses Konzept funktioniert. Dann lassen die sechs Berliner, die sich so illustre fiktive Identitäten wie Bastille (Gesang), Comte Caspar (Gesang und Klarinette), Nabusama (Schlagzeug), Sissy Voss (Kontrabass), Max Coppella (Gesang und Klarinette) und Graf Lindorf (Gesang und Cello) zugelegt haben, das Gefühl aufkommen, als hätte es nie eine E-Gitarre gebraucht, um mit energiegeladenem Rock die Gehörgänge so richtig durchzupusten.

Doch „Coppelius“ können mehr, als pfiffig die Energie des Heavy-Metal auf eine andere Instrumentierung zu übertragen. Dies wird in den Metal-Balladen deutlich, die in außergewöhnlichem Maße von den neuen Arrangements profitieren, mit denen „Coppelius“ das Genre aufmischen. So bekommt der Antikriegs-Song 1916 von „Motörhead“ in der Präsentation durch „Coppelius“ eine besonders intensive Note: Eine würdige Verneigung vor dem im Dezember verstorbenen Lemmy Kilmister, die im Sindelfinger Pavillon für Gänsehaut-Momente sorgt.

Metal mit akustischer Instrumentierung neu zu denken: Auch die Vorband „Tales of Nebelheym“ hat sich dieses Konzept auf die Fahne geschrieben. Auch hier funktioniert es recht gut, wenn auch etwas weniger Fantasy-Kitsch den Songs guttun würde.

Rock, Folk und Klezmer zusammen führt die Band „We are Rinah“, die als zweite Vorband im Sindelfinger Pavillon an den Start geht. Macht Spaß und geht ins Tanzbein und vermeidet es vor allem, sich allzu eifrig ans Steampunk-Publikum von „Coppelius“ anzubiedern.

Unterm Strich hat die IG Kultur mit der Verpflichtung von „Coppelius“ und deren Vorbands ein tolles Konzert-Erlebnis ins Programm geholt, das angenehm aus dem üblichen Rahmen fällt.

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