Erschienen am Freitag, 13. September 2013
Anlass: Filmwoche
IG-Kultur-Filmreihe im ehemaligen Central-Kino in Sindelfingen: Eröffnungsabend mit Roland Emmerichs "Das Arche Noah Prinzip"
Vier Abende Roland-Emmerich-Filme, am Samstag dann der Stummfilm-Klassiker "Metropolis" mit DJ-Vertonung - die IG Kultur hat zum Stadtjubiläum das Central-Kino am Marktplatz zum Leben erweckt und zeigt eine kultige Filmreihe.
Von Robert Krülle
SINDELFINGEN. Die IG Kultur hat ganze Arbeit geleistet. "Es war echt knapp", betont der stellvertretende Vorsitzende Jörg Hamm am Eröffnungsabend, "aber wir haben es gerade so hinbekommen." Der Verein ermöglicht dieser Tage einem kino- und kulturinteressierten Publikum, noch einmal das Central-Kino am Marktplatz zu besuchen - rund 15 Jahre nach seiner Schließung. Dieser Saal hat nichts von seiner Magie verloren, er verströmt nach wie vor den Charme der guten alten Kinozeit. Und dass die Wand zum kleinen Filmtheater herausgeschlagen ist, dass diverse Löcher die Wände zieren und Kabel kreuz und quer laufen, stört überhaupt nicht - im Gegenteil: Es gibt dem Ganzen zusätzlichen Reiz.
Nostalgie: In der hintersten Reihe sitzt am Dienstagabend Klaus Pellkofer und lächelt still in sich hinein. Der 73-Jährige hat das Central-Kino in seiner erfolgreichsten Zeit geleitet - von 1975 bis 1988 (siehe Artikel rechts). "Das ist hier schon ein bisschen Nostalgie", sagt er und lässt seinen Blick durch den hohen Saal wandern. "Ich wollte auch schon lange etwas mit Roland Emmerich machen", erzählt er, "toll, dass die IG Kultur das jetzt hinbekommen hat."
Winnetou: Das findet auch Kulturamtsleiter Horst Zecha, der am Eröffnungsabend zur Begrüßung spricht. "Um solch eine Filmreihe realisieren zu können, braucht es einen Verein wie die IG Kultur", betont er, "hier im Central-Kino ist das ideal." Im Vorfeld habe er sich mehr mit Roland Emmerich beschäftigt und wider Erwarten eine Gemeinsamkeit aus Jugendtagen entdeckt: die Leidenschaft für Winnetou-Filme sonntagnachmittags im Kino. "Ich habe die aber in Holzgerlingen angeschaut, er in Sindelfingen."
Hip-Hop: Einen Vorfilm liefert IG-Kultur-Vorstandsmitglied Kai Venzlaff, Künstlername Kai Kante. "Es gab mal einen Aufruf, zu Horst Zechas Gedicht zum Stadtjubiläum ein Musikvideo zu drehen", erzählt er. Also machte sich Kai Kante gemeinsam mit vier Jugendlichen ans Werk. Entstanden ist ein bemerkenswert ironisch-cooler Hip-Hop-Clip. "Sindelfingen uns're Heimat" erklingt im Refrain auf die Melodie von "Freude, schöner Götterfunken" - im Abspann wird dem Sindelfinger Kulturamtsleiter und Ludwig van Beethoven gedankt.
Alte Zeiten: "Es geht hier ja nicht darum, die Roland-Emmerich-Filme einfach abzuspulen", betont Jörg Hamm in seiner Einführungsrede, "es geht auch um das Drumherum und um die Erinnerungen, die jeder Sindelfinger so mit diesem Kino verbindet." Passend dazu hat die IG Kultur die Schaukästen im Eingangsbereich mit alten Filmplakaten, Zeitungsartikeln und Fotos aus längst vergangenen Zeiten vollgestopft.
Vision: So passt dann auch die Lesung von Sabine Duffner ideal. Sie präsentiert aus dem "Waswärewenn"-Geschichten-Buch zum Stadtjubiläum die Abhandlung von Doris Leddin. Die Autorin ist mit Roland Emmerich zur Schule gegangen und entwirft in "Der Wirtschaftsförderer" die Vision, dass der Filmemacher seine Europa-Zentrale im Domo in Sindelfingen einrichtet. Die Stadt ist in der Folge voller Touristen, Boutiquen und Jazzclubs reihen sich aneinander, Stars wie George Clooney sind regelmäßig zu Gast, "und in der Innenstadt interessierte niemanden mehr, was im Breuningerland los war".
Videobotschaft: Schließlich meldet sich noch der Meister persönlich zu Wort: Roland Emmerich grüßt die rund 80 Kinobesucherinnen und -besucher per Videobotschaft. Und nicht nur das: Er erzählt, wie er in den 70er Jahren auf die Filmhochschule in München gekommen ist und wie sich sein Abschlussfilm "Das Arche Noah Prinzip" zu einem richtig teuren Science-Fiction-Opus entwickelt hat. Solch einen Emmerich-Einspieler gibt es an jedem Abend der Filmreihe. "Das kommt richtig gut an", erzählte Jörg Hamm gestern.
Das Arche Noah Prinzip: Dann endlich ist "Showtime": Emmerichs Erstling "Das Arche Noah Prinzip" von 1983 flimmert über die Leinwand. Der Clou aus Sindelfinger Sicht: Große Teile des Films sind in der ehemaligen Waschmaschinenfabrik Concordia in Maichingen entstanden. Die Bildqualität im Central-Kino ist hervorragend, der Ton weniger. "Es war in diesem Fall gar nicht so einfach, eine anständige Version aufzutreiben", betont Kai Venzlaff von der IG Kultur.
Weiter geht's: Am Mittwochabend lief "Joey" vor ebenfalls gut gefülltem Haus. Gestern Abend war Sitzfleisch angesagt: Jo Müller stellte sein Roland-Emmerich-Porträt vor, im Anschluss lief "Independence" Day". Heute Abend ist ab 20 Uhr "Anonymus" zu sehen, ehe am Samstag um 20 Uhr der Sindelfinger Medienkünstler Antonio Bras den Stummfilm "Metropolis" samt Elektro-Vertonung präsentiert.