Liedermacher Wolf Maahn rockt den Pavillon

KREISZEITUNG Böblinger Bote

Erschienen am Montag, 2. März 2015

Anlass: Wolf Maahn

Gelungene Einmann-Show des Berliner Sängers und Gitarristen im Jubiläumsjahr der Sindelfinger Kulturmacher
Der Sindelfinger Pavillon am Calwerbogen platzte am Samstagabend zwar nicht aus allen Nähten, war aber gut gefüllt. Im Publikum saßen auch einige „Wiederholungstäter“, die Wolf Maahn hier schon einmal vor drei Jahren erleben durften.

Von Bernd Epple

SINDELFINGEN. 35 Jahre alt wird der Verein IG Kultur Sindelfingen/Böblingen e.V. in diesen
Wochen und seit 27 Jahren ist der Pavillon ein nicht mehr wegzudenkender soziokultureller
Veranstaltungsort Sindelfingens. Für das Jubiläumsjahr-Programm haben sich
die Kulturmacher einige Schmankerln ins Boot geholt. Am Samstagabend gab es mit
Kultfigur Wolf Maahn für viele das erste Highlight.
Auf der Bühne fünf Gitarren, ein Barhocker und eine Cajon; dann kam Maahn, der in Optik und Habitus ein wenig an Rolling-Stone-Urgestein Keith Richards erinnerte, ein Schlacks mit breitem Stirnband,das die wilden Haare bändigte. Ohne Begrüßung nahm er Platz und legte los. „Wenn der Regen kommt“ war der Opener und er rief den Besuchern zu: „Klatschen auf den Fuß!“
Sein rechter Fuß stampfte auf das vor ihm liegende Cajon, ein kistenähnliches Percussion-
Instrument, auf dem man üblicherweise sitzend mit den Händen spielt. Unüblichwar auch die Gitarrenbedienung. Linkshänder Maahn spielte sein Instrument also „verkehrt herum“. Auch ein Jimi Hendrix spielte so, aber Wolf Maahn hatte die Saiten nicht umgespannt, sondern einfach die Gitarre gedreht. Das erforderte eine eigene Grifftechnik und verlieh der Gitarre
einen besonderen Klang, weil bei normalem Anschlag die Basstöne zuletzt zu hören waren. Dem knapp 60-jährigen Künstler war seine über dreißigjährige Bühnenerfahrung von Beginn an anzumerken. Die Stücke gingen fast nahtlos ineinander über und er verstand es, das Publikum mit einzubeziehen, ließ mitklatschen oder gab Raum für das Mitsingen der Refrains.
„Karussell“ wurde in stimmungsvolle Bühnenbeleuchtung getaucht, welche auch bei den folgenden Stücken sehr effektiv eingesetzt wurde. „Rosen im Asphalt“, ein in Richie-Havens-Manier dargebotenes Stück, bedurfte keiner Aufforderung zum Mitsingen, der Besucherchor stand sofort.
Seine Lieder reichten von Beziehungsthemen („Kopf hoch, es geht vorbei“, „wir leben zusammen, Vielfalt der Arten in Vereinigten Staaten. . .“), Selbsterkenntnis („ich bin ein ganz normaler Mann, zwischen Demut und Größenwahn“) bis zu politischen Inhalten, wo er sich mit „Monopoly“ gerne auch mal einer Komposition seines Freundes Klaus Lage bediente. Die recht spärlichen Soundmöglichkeiten von Gitarre und Stimme wurden von gut eingesetzten
Effekten wie Phaser, Echo und Hall wettgemacht, sodass stets eine schöne Klangdichte entstand.
Besucher Jörg Lade aus Tübingen merkte in der Pause an, dass Wolf Maahn jung geblieben
sei, seine Texte immer noch Aktualität besäßen, auch wenn man sich ab und zu in die Rockkonzerte der 80er-Jahre zurückgesetzt fühle, was aber durchaus Wohlfühlqualität erzeuge.
In der zweiten Konzerthälfte legte Maahn dann noch eine Schippe drauf. Er trat nach gut gespielter erster Halbzeit noch selbstbewusster auf und ließ keinen Zweifel aufkommen, dass es jetzt angebracht wäre mitzusingen. Bei „Irgendwo in Deutschland“ tobte der Saal schließlich. Aber auch die zarten Töne hatten Platz. Er erklärte, dass die Songs selbst zarte Wesen wären und willkommen geheißen werden wollten. Sie kämen ja aus dem Nichts und so soll auch im Herbst sein neues Album genannt werden: „Songs aus dem Nichts“. Die Stimmung kocht nach jeder Nummer mehr hoch „Freie Welt“ war ein Titel so ganz nach dem Geschmack der Gäste „Ich gehör nicht Dir und Du gehörst nicht mir, Sie gehört nicht ihm und er gehört nicht ihr, die Tochter nicht dem Vater, die Putzfrau nicht dem Chef“, genauso wie „Blinder Passagier“. Die Stimmung kochte bei jeder Nummer mehr hoch und Maahn verließ, die Finger zum Victory-Zeichen gespreizt, die Bühne. Er ließ die lautstarken Forderungen nach Zugabe erst ein wenig anschwellen, bevor er zurückkam. „Ich komm sehr gut klar mit euch!“ konstatierte der charismatische Barde.
Zur Freude des Publikums hatte er gleich drei Zugaben im Koffer, bevor er ein zweites Mal abtrat. Am Mischpult wurde die Abspann-Musik eingespielt, was die Gäste aber nicht daran hinderte, Wolf Maahn ein weiteres Mal auf die Bühne zurückzuholen. „Wenn ihr es schafft, die Musik nieder zu klatschen, muss ich noch eins drauflegen“ – sprach’s und intonierte „Sterne in meinen Schuh’n“ und die Interaktion mit den Besuchern hatte den Höhepunkt erreicht, als Maahn beim Refrain von „Stunde um Stunde“ die rhetorische Frage stellte: „Könnt ihr das übernehmen?“ Nach dem letzten Akkord dieser Nummer durfte er endlich den wohlverdienten Feierabend antreten.

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