Erschienen am Samstag, 21. März 2015
Anlass: Jazztage 27.-29.03.2015
Sindelfingen: Die IG Kultur gönnt sich zu ihrem 35-jährigen Bestehen einen Jazz-Triathlon / Auftakt mit Alexandra Lehmler im Pavillon
Von unserem Mitarbeiter Thomas Volkmann
Die IG Kultur und der Jazz, sie sind stets sehr gut miteinander ausgekommen. In etwa der ersten Hälfte ihres 35-jährigen Bestehens war es die am 24. März 1980 gegründete Kulturinitiative, die überhaupt erst zeitgenössischen Jazz nach Sindelfingen und Böblingen gebracht hat. Mit einem dreitägigen Jazzwochenende vom 27. bis zum 29. März im Pavillon erinnert die IG Kultur an diesen Teil ihrer Vereinsgeschichte.
Wenn kommende Woche Wolfgang Dauner mit seinem Sohn Flo das Odeon der Musikschule bespielt, dann schließt sich zum IG-Kultur-Geburtstag ein Kreis. Denn nicht nur, dass der Stuttgarter Jazzpianist im Gründungsjahr des Kulturvereins zusammen mit den Gitarristen Martin Kolbe und Ralf Illenberger zu den ersten eingeladenen Künstlern zählte, bereits 1979 hatte ihn die Gründungsgruppe der IG Kultur mit seiner Jazzrock-Formation „Et Cetera“ für die Klosterseehalle gebucht. 1983 war Dauner mit dem „United Jazz & Rock Ensemble“ zu Gast, diesmal in der Stadthalle. Im Jahr zuvor stand Gitarrist Volker Kriegel auf der Bühne im Bürgerhaus Maichingen.
Konzerte im Pavillon an der Calwer Brücke, dem heutigen Domizil der IG Kultur Sindelfingen/Böblingen, fanden ab dem Jahr 1987 statt. Aufgetreten sind dort der damals schon bekannte Jazztrompeter und Flügelhornist Randy Brecker (1989) und der Flötist Chris Hinze (1990). Benötigten die Künstler einen Flügel, musste meist ausgewichen werden. Mit Maria Joao ging es 1994 ins Odeon, mit dem Trio Joe Koinzer, Herbert Joos und Paul Schwarz zwei Jahre zuvor in den kleinen Saal der Stadthalle, wo man 1991 bereits gute Erfahrungen mit dem Joanne Brackeen Trio gemacht hatte.
Die damals noch wenig bekannte, dafür aber durch ihre Mitgliedschaft bei Art Blakeys „Jazzmessengers“ sowie als Begleiterin von Joe Henderson und Stan Getz als Geheimtipp gehandelte Pianistin trat später sogar in der Carnegie Hall auf. „In den für Sindelfingen reichen 1980er und frühen 1990er Jahren haben wir uns dank der großzügigen Fördergelder durchaus auch namhafte Jazzkünstler leisten können“, erinnert sich das langjährige IG-Kultur-Vorstandsmitglied Albrecht Barth an die programmatisch interessanten frühen Jahre.
Als dann die Kosten und Risiken für die Veranstalter stiegen, verlegte sich die Interessengemeinschaft (IG) Kultur auf Jazzmusiker und Bands aus Baden-Württemberg. Insbesondere die Landesjazzpreisträger Baden-Württemberg, kommende Woche durch die im vergangenen Jahr ausgezeichnete Saxofonistin Alexandra Lehmler vertreten, waren regelmäßig zu Gast im Pavillon. Volles Haus ist meist garantiert, wenn der in Böblingen aufgewachsene und heute in Herrenberg lebende Pianist, Arrangeur und Produzent Martin Johnson auftritt.
Auch Schlagzeuger Jogi Nestel, der letztes Wochenende mit Klaus Küting die Galerie der Stadt Sindelfingen begeisterte, genoss mit den „White Diamonds“, Stummfilmprojekten und der „Zappatistischen Perkussionsfront“ immer wieder Heimspielbonus. Zahlreiche Konzerte hat auch der aus Sindelfingen stammende Jazzbassist Branko Arnsek schon bestritten, „Er war bei uns ein Mann der ersten Stunde, mit seiner Band ‚Die unerschrockenen Klangwerker’ hat er in den 1980er Jahren im Keller des Jugendhauses Mitte geprobt. Und gegenüber im Bärle-Eck übten zur gleichen Zeit Wanted“, erinnert sich Albrecht Barth.
Dass die IG Kultur in den ersten 15 Jahren durchschnittlich 15 bis 20 Jazz- und auch Richtung Weltmusik und Latin gefasste Konzerte organisierte, lag damals auch an der Aufgabenteilung mit dem mehr auf die Sparte Rock und Punk ausgerichteten Jugendhaus Mitte sowie Comedy und Kabarett im Stadtjugendring. „Das Wort Comedy hat damals noch keiner wirklich in den Mund genommen. Bei uns traten aber schon Künstler auf“, sagt Barth. Heute obliegt der IG Kultur die Planung all dieser Sparten. Jazz- und Weltmusik-Gigs sind deshalb nur noch auf durchschnittlich acht Termine im Jahr reduziert.
Glanzlichter der jüngeren Vergangenheit waren ganz sicher die drei Gastspiele des inzwischen verstorbenen Charlie Mariano, der zuletzt 2007 im Pavillon sein Saxofon singen ließ. Auch Ralf Illenberger hat sich immer wieder an der Calwer Brücke blicken lassen, im Dezember diesen Jahres wird es ein weiteres Wiederhören mit ihm geben.
Zunächst aber ist erst einmal der IG-Kultur-Jazz-Triathlon angesagt. Alexandra Lehmler aus Mannheim macht am Freitag, 27. März, den Auftakt. Endlich wahr am Samstag, 28. März, das personell aufwändige Projektkonzert „Mingus 21“ von Jazzbassistin Karoline Höfler (auch sie etliche Male schon zu Gast im Pavillon). Mitspieler im Septett sind auch Django Hödl, Leiter der STB-Bigband aus Darmsheim, sowie der aus Sindelfingen stammende Schlagzeuger Lutz Groß.
Ins Odeon der Musikschule gehts dann zum Abschluss mit dem Vater-Sohn-Projekt Dauner-Dauner. Flo Dauner hat übrigens schon 1995 mit seiner damals unbekannten Band „Inside Looking Out“ in Sindelfingen gespielt, bevor er dann am Schlagzeug zum Rückgrat der „Fantastischen Vier“ wurde. Nun lässt er sich mit seinem Vater auf ein feinfühlig inspirierendes Wechselspiel ein, die vergangenes Jahr erschienene CD mit klassisch swingenden Tönen, weltmusikalischen Klängen und skurrilen Klangexperimenten fand bei der Kritik großen Anklang.
Mit diesem Konzert schließt sich nicht nur für die IG Kultur ein Kreis, sondern auch für Albrecht Barth persönlich: „Ich war 1967 als 17-jähriger Schüler in Schwäbisch Hall als Veranstaltungshelfer dabei, als Wolfgang Dauner mit seinem Trio im Alpha 68 auftrat. Für mich war das damals nicht nur meine erste Begegnung mit zeitgenössischem Jazz, ein Jahr später war ich Kassier des dortigen Kulturvereins. Das Amt hat mich dann jahrelang bei der IG Kultur verfolgt“, sagt Albrecht Barth mit einem Augenzwinkern.
Sindelfinger Jazztage zum 35. Geburtstag der IG Kultur: Am 27. März um 20 Uhr spielt das Alexandra-Lehmler-Quintett im Pavillon, am 28. März um 20.30 Uhr „Mingus 21, Tribute to Charles Mingus“ im Pavillon, zum Finale am 29. März spielen Wolfgang und Flo Dauner ab 20 Uhr im Odeon der Musikschule. Eine Dauerkarte für alle drei Tage kostet im Vorverkauf 40 Euro. Informationen zum aktuellen Programm der IG Kultur unter www.igkultur.de im Internet.